Der mit den Wölfen lebt by Shaun Ellis

Der mit den Wölfen lebt by Shaun Ellis

Autor:Shaun Ellis [Ellis, Shaun]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-08T00:00:00+00:00


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Probieren geht über Studieren

Die Indianer sagen, wenn man denkt, dass sich ein gefangenes Tier in einem Käfig befindet, dann wird das Tier ebenso denken. Wenn man dem Tier aber den Eindruck vermittelt, dass der Käfig seinem Schutz und seiner Sicherheit dient, und wenn man sein Leben innerhalb dieses abgeschlossenen Raumes bereichert, dann wird das Tier seinen Käfig als Zuflucht und nicht als Gefängnis betrachten. Ich hatte den Eindruck, dass die meisten gefangenen Wölfe sich wie in einem Käfig fühlten. Diejenigen, die ich kennen gelernt hatte, erinnerten kaum an ihre wilden Artgenossen. Ihre Seele war gebrochen, und selbst wenn man das Tor zu ihrem Gehege weit geöffnet hätte, hätten sich wohl nur die wenigsten für die Freiheit entschieden.

Ich war überzeugt, dass ich das Leben dieser Tiere verbessern konnte, indem ich es dem Leben in der Wildnis ähnlicher machte. Aber ich musste meine Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen. Ich hatte Erfahrungen mit Wölfen, die weit über das hinausreichten, was die meisten Biologen zu bieten hatten, doch mir fehlten die akademischen Titel, und deshalb gründete ich eine Organisation, die ich Wolfpack Management nannte. Sie war damals zwar nur ein Einmannbetrieb, aber ich fand den Namen eindrucksvoll. Ich musste meine Theorien unbedingt in der Praxis testen. Meine Arbeit mit den Hunden machte mir zwar Spaß, aber meine eigentliche Mission waren die Wölfe. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass Wilton ganz in der Nähe des Longleat Safariparks lag, wo es immer noch ein Rudel Timberwölfe gab.

Longleat war und ist immer noch einer der angesehensten Wildparks im Land, und ich wusste, dass ich für Studienzwecke kein besseres Rudel finden konnte. Der Park befindet sich auf dem Gelände eines großartigen Herrenhauses, das dem 7. Marquess of Bath gehört. Das Haus ist im Elisabethanischen Stil gebaut – Ende des 16. Jahrhunderts – und an sich schon eine Attraktion, und es ist zusätzlich von einer phantastischen Parklandschaft umgeben, die Capability Brown, der große Landschaftsgärtner des 18. Jahrhunderts, gestaltet hat. Der Park erstreckt sich über rund 365 Hektar mit weiteren 3200 Hektar Wald, Seen und Ackerland – unverbaute Natur, so weit das Auge sehen kann, und dort leben die Tiere. Das Wolfsgehege war zwar nicht so groß wie in Idaho, aber doch unvergleichlich größer als die enge Anlage in Sparkwell, und es war erfreulich zu sehen, dass die gefangenen Wölfe – zusammen mit Löwen, Tigern und allen möglichen anderen Wildtieren – in England unter so guten Bedingungen gehalten wurden.

Ich besuchte den Leiter des Parks, Keith Harris, den ich noch nicht kannte, berichtete ihm, was ich bisher getan hatte, und fragte ihn, ob ich einige meiner Theorien bei seinem Wolfsrudel praktisch testen dürfe. Obwohl die Wölfe unter guten Bedingungen gehalten wurden und gesund waren, hatte Longleat ein Problem: Die Wölfe bekamen keinen Nachwuchs. Damals verstand man noch recht wenig vom Rudel-Management und wusste nicht, dass vier Jahre Abstand zwischen den Generationen nötig waren, um eine erfolgreiche Fortpflanzung zu gewährleisten. Wie üblich hatte man Wölfe von anderen Wildparks übernommen, die überzählige Tiere abzugeben hatten, und daraus ein neues Rudel gebildet, dessen Mitglieder alle ungefähr im gleichen Alter waren.



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